Blinde Passagiere

Mercy Air fliegt dort, wo sonst kein anderes Hinkommen möglich ist. Unsere Passagiere brauchen keine Tickets, und müssen nicht anstehen. Oft führen wir lebensrettende Evakuationsflüge von schwer verletzten oder kranken Menschen durch. Manchmal haben wir sogar blinde Passagiere an Bord. Genau diesen zu helfen galt es durch eine erstmals gross angelegte Augen-Kampagne in Partnerschaft mit „Doctors for Life“ im Sambesidelta.

In den Tiefen des 18.000 km großen Sambesi- Deltas liegt Ibo. Das Dorf besteht aus ein paar verstreuten, mit Palmwedeln bedachten Hütten, einer Ansammlung von Einbaum-Fischerkanus, einer kleinen Schule welche aus Schilf und Lehm errichtet wurde, einigen Bananen- und Mangobäumen und vielen Mücken. Es ist so abgelegen, dass es drei solide Tage dauern würde, bis man die mobilen Operationssäle von Doctors for Life in Marromeu erreicht, oder ein Tagesmarsch zum Flusshafen von Chinde, gefolgt von einer ganztägigen Bootsfahrt auf dem Sambesi, wenn es Boote zur Verfügung gibt. Ein orange-weisser Mercy Air-Hubschrauber wäre ein ungewöhnlicher Anblick im Dorf gewesen. Aber für zwei Brüder, den 12-jährigen Valise und den 5-jährigen Jegue Mussa, hätten das Knattern der Hubschrauber-Rotoren lediglich gehört. Sie hätten nichts gesehen. Beide sind blind.

„Es ist höchst ungewöhnlich, dass zwei Jungen derselben Familie an Katarakten leiden“, sagte der freiwillige Augenchirurg Dr. Jonathan Pons, der Teil des Doctors for Life-Teams war, das nach Ibo geflogen ist, um Augenuntersuchungen durchzuführen, und von den blinden Brüdern hörte. „Wenn wir diesen beiden kleinen Jungen, die ihr ganzes Leben vor sich haben, das Augenlicht zurückgeben können, lohnt sich die gesamte Kampagne.“

Ein paar Tage später, nach einer doppelten Kataraktoperation an beiden Jungen, herrscht große Vorfreude und Aufregung, als sich alle freiwilligen Helfer von Doctors for Life und Mercy Air um Valise und Jegue versammeln, während die Verbände abgenommen wurden. Es dauert einige Momente, bis die Brüder aus Ibo erkennen, dass sie wirklich sehen können! Ihre Mutter Brigitta sprudelt vor Glückstränen. „Jetzt wird das Leben für uns normal. Früher hatte ich solche Angst, dass sie abwanderten und im Fluss ertranken. Es wird eine große Überraschung für meinen Mann sein und unsere Gemeinde wird auch so glücklich sein – die Freunde meiner Söhne werden vor Freude springen! „Der 12-jährige Valise, der mit seiner neuen poppigen Sonnenbrille voller Strahlens ist sagt uns, dass er jetzt als erstes auf einen Kokosbaum klettern und seine eigenen frischen Kokosnüsse pflücken will. Dann will er zum ersten Mal in seinem Leben mit seinen Freunden Fußball spielen. „Früher konnte ich mich nur an die Seitenlinie setzen und zuhören. Jetzt kann ich es kaum erwarten, den Ball zu schiessen! “ sagt er mit einem breiten Grinsen.

Bei Ankunft unseres Helikopters im Dorf Ibo mit Mutter Brigitta und den zwei Söhnen herrscht grosse Freude bei der ganzen Dorfbevölkerung. Der Vater und Dorfchef bedanken sich ausdrücklich bei Mercy Air und Doctors for Life für das Engagement zugunsten der lokalen Bevölkerung. “Ihr habt uns neue Hoffnung gebracht, dass wir hier nicht einfach alleine und verlassen sind, weil wir so weit weg von der nächsten Zivilisation leben.”