Ein Einsatztagebuch

Zwei medizinische Teams fliegen per Mercy-Air-Helikopter an drei Einsatzorte

Mittwoch, 16. Februar 2022
6:15 Ein kleiner Lastwagen holt in Siteki alle sieben leeren Fässer ab, daraus hat der Pilot Matthias Reuter den Mercy-Air-Helikopter N775MA («Mike Alpha») während den vergangenen Tagen betankt, um die Hilfsflüge in Eswatini zu fliegen. Heute ist «Mike Alpha» nass vom Nebel, welcher sich nun glücklicherweise aufgelöst hat. M.R. macht eine sorgfältige Abflugkontrolle, unter anderem prüft er mittels einer Probe, ob der Treibstoff kein Wasser enthält.
6:45 Die Sonne scheint in die Kabine, das Thermometer zeigt bereits 21 Grad an, M.R. startet das Triebwerk und wir heben ab Richtung Westen. Der einzige Ort, wo es heute, infolge Treibstoff-Lieferengpässen im Land Jet-A1-Triebstoff gibt, ist beim internationalen Flugplatz Sikhuphe.
Nach einem 9-minütigen Flug hinunter ins Flachland, vorbei an einzelnen Nebelfeldern, setzt M. R. «Mike Alpha» auf dem per Funk zugewiesenen Parkfeld ab.

7:25 Voll betankt mit 540 Liter Triebstoff und der Starterlaubnis pilotiert M.R. den Heli zum RFM-Spital in Manzini, um dort das erste medizinische Team abzuholen.
7:30 Das 5-köpfige «Sight-Flight»-Team wartet bereits beim Fussballfeld nahe des Spitals. Das nötige Untersuchungsmaterial, die Lesebrillen-Kisten und Zwischenverpflegung fürs Team, alles wird in den Seitenfächern des Helikopters verstaut. Alle an Bord und angeschnallt, heben wir mit Ziel Ludlawini ab.
8:00 Bereits beim Anflug auf Ludlawini erkennt man die traditionellen Rundhütten und die einfachen Einzäunungen aus Holzstäben für Tiere. Ludlawini liegt in der bergigen Region im Nordwesten von Eswatini und ist sehr isoliert. Eine Gruppe von Menschen, welche auf Hilfe für ihre Augenleiden hofft, wartet schon.
8:05 Sobald M.R. den Helikopter sicher aufgesetzt hat, steigt Karin Reuter aus, holt alles Material aus den Seitenfächern, übergibt es dem Sight-Flight-Team und wir entfernen uns rasch, damit M.R. gleich wieder abheben kann.

8:15 Wir werden vom Dorfchef willkommen geheissen und als Untersuchungsräume dürfen wir zwei Rundhütten benützen. Stühle und Tische werden hergebracht und wir richten uns ein: für das Katarakt-Screening und die Retinopathie-Untersuchung in der einen, für den Sehtest und die Lesebrillen-Anpassung in der anderen Hütte.
8:30 Die Anzahl Patienten hat sich bereits verdoppelt und die Pastorin wendet sich mit der frohen Botschaft an die Wartenden. Wer möchte, darf nach der Untersuchung ein Heft mit Text in der lokalen Sprache und bildlichen Darstellungen des Evangeliums mitnehmen.
8:40 In der Zwischenzeit ist M. R. mit dem Helikopter wieder beim RFM-Spital gelandet und hat das 5-köpfige Ärzteteam abgeholt. Flug nach Ndvwabangeni im Norden, nahe der Grenze zu Mosambik.
9:00 Die Ärzte werden beim Gesundheitsposten dankbar empfangen, denn in Folge der Corona-Massnahmen waren sie im Spital der Stadt Manzini während fast zwei Jahren so beschäftigt, dass ihnen keine Zeit blieb, um abgelegne Orte zu versorgen.

12:00 Für das Umpositionieren der beiden medizinischen Teams muss der Helikopter nochmals in Sikhuphe betankt werden. Im Cockpit ist die Temperatur nun auf 38 Grad gestiegen. Nach kurzer Kommunikation passt M. R. den Plan so an, dass er unser Augenteam nach abgeschlossener Arbeit zum RFM-Spital zurückfliegt.

13:30 «Mike Alpha» holt nun die fünf Ärzte bei ihrem ersten Einsatzort ab und transportiert sie nach Bhalekane, 26 km Luftlinie südlicher davon. Auch dort warten viele Patienten geduldig am Schatten neben dem Gesundheitsposten.
Dieser wird von lokalen Krankenschwestern geführt, die sehr dankbar für die praktische Unterstützung und die Wissensvermittlung der Ärzte sind.
13:40 Nach dem mühelosen, 10-minüigen Flug kümmern sich die Ärzte sogleich um die Patienten. Da alle fünf Ärzte gleichzeitig Patienten behandeln können, sind sie einerseits sehr effizient, andererseits können sie sich auch mehr Zeit für den einzelnen Menschen nehmen, da sie den Druck der wartenden Menge nicht auf sich alleine verspüren.

16:30 Bei immer noch 30 Grad in der Kabine des Helikopters macht sich bei einigen Insassen die Ermüdung nach einem intensiven Arbeitstag bemerkbar, nur M. R. ist noch einmal höchst konzentriert und pilotiert die Maschine sicher zurück zum
Landeplatz, dem Fussballfeld neben dem RFM-Spital in Manzini.
16:55 Fünf Minuten vor Schliessung des Flugplatzes Matsapha landen wir dort und binden die Rotorblätter runter, um Windschäden am Rotorkopf zu vermeiden. Triebwerkein- und auslass decken wir gegen Regen und Staub ab. Flughöhe- und Geschwindigkeitssensoren werden zum Schutz vor Insekten ebenfalls abgedeckt. Um Überflugzeit und somit Kosten einzusparen, bleibt der Helikopter hier im Westen des Landes, denn von da aus werden am folgenden Tag zwei weitere Teams geflogen: Zahnarzt- und Augen-Team kombiniert.

17:05 Der Fahrer des RFM-Spitals bringt uns zur einfachen Gästeunterkunft nach Manzini. Die Fahrt durch das städtische Abendverkehrschaos dauert mindestens 40 Minuten. Für M. R. gibt es abends noch einiges an Logbuch- und Statistikeinträgen sowie Kommunikationen zur Planung des nächsten Einsatztages zu erledigen.
Wir sind dankbar für einen weiteren, sicheren Arbeitstag, an dem viele Menschen Hilfe an Leib und Seele erhalten haben, was ohne die Helikopterflüge von Mercy Air nicht geschehen wäre.